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Abstract

Die Berufsfischerei am Bodensee steht vor großen Herausorderungen, denn aufgrund mehrerer Faktoren sinken die Fangmengen stark. Einer besonderen Bedeutung kommt dabei der veränderten Nährstoffsituation zu: Vergleicht man die Zeitspanne von 2006 bis heute (oligotropher Zustand, TPmix-Gehalt < 10 µg L-1) mit der letzten mesotrophen Phase (1990 bis 2005, TPmix-Gehalt 35 - 10 µg L-1), dann hat sich der Ertrag der Hauptwirtschaftsart, der Felchen, um mehr als 50 % reduziert. Durch die Invasion des Dreistachligen Stichlings, der als Nahrungskonkurrent zum Felchen seit 2013 im Freiwasser des Sees zu finden ist, kam es zu einer weiteren Reduktion des Nahrungsangebotes und zu zusätzlichen Ertragseinbußen. Seit 2013 wird daher nur noch 25 % der Menge an Felchen gefangen, die während der letzten mesotrophen Phase angelandet wurde. Auch liegt die Felchenfangmenge seit der Stichlingsinvasion 35 % unter dem eigentlich zu erwartenden Wert bzw. ca. 100 t unter dem Durchschnittswert der letzten oligotrophen Phase von 1910 bis 1955. Aufgrund der sinkenden Fangmengen pro Fischer ist die Zahl an aktiven Berufsfischern am See stark rückläufig, die bisherigen fischereilichen Managementansätze konnten diesen Trend nicht stoppen. Es steht zu befürchten, dass in Folge der Einschleppung der Quagga-Muschel im Jahre 2016 dem Nahrungsnetz im Freiwasser des Bodensees zukünftig noch mehr Nährstoffe entzogen werden und damit dessen Ertragsfähigkeit noch weiter sinken wird. Zusätzlich steigt der Bestand an Kormoranen in der Bodenseeregion in bisher nie registrierte Höhen und somit auch der Prädationsdruck auf andere Wirtschaftsfischarten. Die Bodenseeberufsfischerei, eine der nachhaltigsten Formen der Erzeugung von tierischen Lebensmitteln überhaupt, steht daher zumindest in ihrer bekannten Dimension kurz vor dem Aus. Überregionale, behördenübergreifende und mehrere Disziplinen verbindende Hilfskonzepte sind notwendig, um diesen Trend aufzuhalten und wenn möglich zumindest in Teilen umzukehren.